März 2011: Es gibt keinen Zweifel … Übereinstimmend vermelden internationale Medien nach dem 21. Februar 2011, dem Tag der „Befreiung“ Bengasis von der Gaddafi-Herrschaft, der internationale Flughafen liege in Trümmern. Bombardiert! Selbst die ägyptische Regierung, besorgt um Hunderttausende Gastarbeiter im Nachbarland, weiß sich keinen Rat, wer den vermeintlichen Schaden verursacht haben könnte.
Bisher für Öffentlichkeit und Presse gesperrt, hat sich nun erstmals ein westlicher Beobachter ein Bild von der Lage vor Ort gemacht. Ohne Genehmigung … Von der Südseite bedeckt eine mannsgrosse Mauer den Blick auf die weite Ebene. Die Lücken in der Absperrung wurden notdürftig mit Schutt und Stacheldraht versperrt. In 500 Metern Entfernung sind zerstörte Flugzeuge zu sehen – alter Schrott, wie später zu erfahren ist. Ganz in der Nähe: Zwei ramponierte Busse. Einer komplett ausgebrannt, der andere mit sichtbaren Spuren von Schüssen und Steinwürfen.
Osama Liksiri, bis zum 21. Februar Mitarbeiter auf dem Gelände, bestätigt die Erzählungen, die auf den Straßen im befreiten Ost-Libyen kursieren. Während noch am 13. Februar unbeschwerter Normalbetrieb geherrscht habe, sei bereits am 17. Februar, dem Tag blutiger Gewalt in Bengasi, ein Flugzeug aus dem südwest-libyschen Sabha mit „schwarzafrikanischen Zivilisten“ an Bord auf der Rollbahn gelandet. Ihre Kleidungsstücke seien noch Tage später zu besichtigen gewesen – eingeweicht vom Regen, zurückgelassen auf dem Landefeld. Fotos dokumentieren es. In Windeseile seien die Männer in Militäruniformen gesteckt worden und mit Waffen in Richtung Stadt gefahren. Hunderte libyscher Demonstranten hätten den Tod gefunden, heißt es überall. Die Entscheidung von Armee und Polizei, den Gewaltbefehl aus Tripolis gegen das eigene Volk nicht länger auszuführen, hätte die entscheidende Wende gebracht. Fluchtartig seien die Busse mit den Afrikanern und anderen Gefolgsleuten Gaddafis zurück zum 20 Kilometer jenseits des Stadtrands befindlichen Flughafen gefahren. Es habe absolutes Chaos geherrscht, bestätigen auch andere Ex-Angestellte des Luftlandeplatzes. Vier Militärflieger und ein Jumbo der staatlichen „Afriqiya“ seien noch am Nachmittag Richtung Tripolis abgehoben, bevor die mittlerweile bewaffneten Regierungsgegner das Gelände einnahmen.
Nach dem Sieg kam die Angst. Die Rebellen sind in Sorge, der nicht geschlagene Diktator könne nochmals Truppen einfliegen lassen, um seine Herrschaft zu konsolidieren. Nicht von ungefähr ist bis heute das gesamte Areal mit Luftabwehrgeschützen abgesichert. „Warum bringst Du uns und vor allem Dich selbst in schwerwiegende Probleme?“, fragt General Ahmed Ferjani, wie Gaddafi aus der Sirt-Region stammend. Er hat jetzt die Befehlsgewalt über den vermeintlichen „deutschen Spion“, der unerlaubt das große Geheimnis von Bengasi zu lüften suchte. Und einfach hat er es nicht: Manche seiner Kameraden vom Revolutionskomitee wittern eine Verschwörung – und die Untersuchung wird bis morgen Abend andauern. „Wir haben diesem Mann nie etwas getan“, sagt Ferjani traurig, „aber Gaddafi will uns nicht frei lassen“. Er hat Tränen in den Augen – allem militärischen Drill zum Trotze. Das Gerücht über die Zerstörung des Flughafens wäre bewusst gestreut worden, um jeden Gedanken an eine Rückeroberung mittels Luftbrücke im Keim zu ersticken.
Für eine Normalisierung ist die Lage denkbar schwierig. So gerne die neue Oppositionsregierung nun auch Hilfsgüter per Luft einfliegen würde, so wenig wahrscheinlich ist dieses Szenario: Die Vertreter der neuen (Un-)Ordnung von Bengasi geben offen zu, dass jedes Flugobjekt vom Boden aus einen Angriff zu erwarten hätte. Es herrscht keine zentrale Koordination. Das Erlebte ist noch zu wach. Und der Finger am Auslöser zu locker.
Anders als aus den internationalen Medienberichten verlautbart, ist der Flughafen Benina Ende Februar nicht bombardiert worden. Zerschossene Busse und alte Flugzeuge liegen herum. Die Rollbahnen – mit Flugabwehrgeschützen vollgestellt. Das Militär hat sich eingerichtet. (11.03.2011)
Nach übereinstimmenden Vor-Ort-Berichten sollen in derartigen Bussen „afrikanische Söldner“ nach Bengasi und wieder zurück gefahren worden sein, bevor sie sich mit Flugzeugen und Hubschraubern zurückzogen. (11.03.2011)